Galerie Alexandra Saheb
email
artists kalender presse kontakt  
email
UNFOLDING THE FOLDS
image
Veramente il luogo ha qualche cosa di originario, 2010, collage graffite spray su carta, 192 x 100 cm

Unfolding the Folds

Alessandro Roma

Eröffnung: Freitag, 26. August 2011, 18 Uhr
27.08. - 8.10.2011
Dienstag - Samstag 12 - 18 Uhr

Von Gilles Deleuzes Theorien hat ein Konzept mehr als die anderen meine Recherchen geprägt: das der "Falte" und des "Zwischenraums", welches ich als Instrumentarium genutzt habe, um zeitgenössische Abstraktion zu untersuchen. Ausgehend vom Barock demonstriert uns Deleuze, dass unsere räumlichen und zeitlichen Koordinaten relativ sind. Der Barock, auf das Jenseits hindeutend, offenbart uns zwar, dass unsere Position fest auf der Erde verankert und verwurzelt ist und dass wir nach dem "Göttlichen" in uns selbst suchen müssen. Die barocke Malerei, vor allem aber Bildhauerei, repositioniert unseren Körper jedoch in ein neues mathematisches System, das nicht mit den Koordinaten von Leon Battista Albertis Perspektive - dem grundlegenden Prinzip der Renaissance-Kultur - messbar ist. Die von Gaulli auf Decken gemalten Witterungen zum Beispiel oder die von Bernini geformten Falten und Drehungen geben dem Raum Tiefe; eine Sammlung atmosphärischer Kräfte: Strahlen, Explosionen, Blitze und Wellen, deren Ursprung nahezu verborgen bleibt.

Diese Kräfte werden in den Arbeiten Alessandro Romas zum Leben erweckt: geschichtete "Masse" und nicht kenntlich gemachte Zeichen, die wir einst übernatürlichen Kräften zugeschrieben hätten, wie solche, die ein Medium während einer Séance auf einem Papier hinterlässt, oder die dem Unterbewusstsein der Surrealisten entsprungenen Kalligramme. Hier jedoch ist es anders. Die Zeichen, die Alessandro hinterlässt, entspringen nicht der Fantasie oder einem Traum. Vielmehr sind sie das Resultat einer genauen Beobachtung der Infosphäre, in die wir getaucht sind. Alessandros Landschaften zeigen beispielsweise weder einen Horizont noch Fluchtpunkte. Im Gegenzug sind sie reich an Deleuze'schen Falten und Zwischenräumen, in denen sich der Raum zu schließen scheint. Was das Auge daher sieht, ist ein System von Möglichkeiten: Löcher, Schattenkegel, Flecken und Gewebe von elektronischer Natur. Der Raum, reduziert bis ins Stadium der Immaterialität, wird dadurch noch realer, da nicht nur das Auge zu seiner Erkundung entsandt wird. Das Gehirn des Betrachters wird hinzugezogen und ist angehalten, die Falten zu entfalten und mit seiner eigenen Präsenz zu füllen. Und sollte diese Einladung im Angesicht der Malereien und Reliefs an den Wänden, die ihrerseits bereits sehr raumgreifend sind, noch nicht deutlich genug sein, können wir ihr spätestens in Gegenwart der Skulpturen nicht entkommen. Wenn wir diese sich stets verändernden Massen beobachten, sie mit unseren Bewegungen umrunden und plötzlich die Richtung unseres Schrittes ändern, sind wir aufgerufen, unsere eigene Position auf der Erde zu überdenken. Die Möglichkeiten, die Alessandros Arbeiten bieten, sind unendlich und haben nichts mit der Formlosigkeit von Materie zu tun, wie wir zunächst denken mögen, sondern mit Inform-akt-ion und der Art, wie wir Realität sehen. Der "Zwischenraum" ist daher kein Raum zwischen den Dingen, sondern, wenn überhaupt, ein Organismus, in dem wir die Dinge zwischen den Räumen erkennen. Einmal in diese endzeitliche Einheit einbezogen, begreifen wir, dass es nicht die vom Künstler genutzte Materie ist, die ihre Form verliert, sondern unsere Konventionen und Überzeugungen - das, von dem wir dachten es sei eine Landschaft, und das, von dem wir dachten es seien wir selbst.

Francesco Spampinato




Galerie Alexandra Saheb
email